Kloster Fahr

Wie spüre ich eine Berufung?

Aus: Josef, Maureder SJ: Wir kommen, wohin wir schauen. Berufung leben heute. Wien 4 2004, S. 43–47.

Ein älterer Jesuitenbruder in Javier, Spanien, sagte mir mehrmals: «Es sind die drei ‹F›, die uns zeigen, ob eine Entscheidung für einen bestimmten Weg geistlich stimmt: Freiheit, Freude, Frieden. Wenn diese über längere Zeit hin wachsen, trotz mancher schwerer Stunden dazwischen, die einfach dazugehören, dann nur weiter!»

Der dreifache Klang der Stimme Gottes

Gottes Ruf will zum Leben in Fülle führen. Seine Stimme ist in einem dreifachen Klang zu hören:

Meine persönliche Natur als tragender Klang

«Die Gnade baut auf der Natur auf» ist ein Grundsatz der Theologie. Gott überfordert nicht. Was jemand nicht kann, was gegen seine Natur ist, wenn er/sie dabei halb oder ganz unglücklich wird, kann nicht Wille Gottes sein. Der «passende» Weg, eine wirkliche Berufung, kommt der Natur gleichsam entgegen, sie klingt mit dem Gewordensein zusammen. Der Charakter, die Bedürfnisse stehen nicht zentral im Widerspruch dazu. Gewöhnlich zeigt meine Lebensgeschichte, «was ich wirklich tun und leben kann».

Meine Sehnsucht als bewegender Klang

Im Evangelium fällt auf, dass Jesus immer wieder nach der Sehnsucht fragt: «Was sucht ihr?» (Joh 1,38), «Was willst du, dass ich dir tun soll?» (Mk 10,51). Der Herr nimmt die Sehnsucht des Menschen ernst, denn «die Sehnsucht ist der Anfang aller Dinge» (Nelly Sachs). Ich darf und soll mich selber fragen: «Was möchte ich wirklich leben?»

Das Gegenüber als lockender Klang

Alles, was wir wahrnehmen, löst in uns ein Echo, einen Klang aus. Manches davon berührt in besonderer Weise unser Herz, reisst uns aus alten Gleisen, beunruhigt uns, ist wie ein Locken, ein Werben, das wir nicht vergessen und verdrängen können. Dies mag die Erfahrung mit einem armen Menschen sein, die Bemerkung eines Freundes, ein Ereignis. Der Ton der Wirklichkeit in uns lässt uns das Werben Gottes erkennen: «Was soll ich tun?» Auch hier ist es wieder gut, hinzuhören, denn «Göttliches stahlt unscheinbar und leise, umwirbt mein Herz» (Sr. Heidrun Bauer SDS).

Wenn der dreifache Klang zum Einklang kommt

Jede/r ist selbst verantwortlich, auf seine Natur, auf seine Sehnsucht und auf die sie/ihn umgebende Wirklichkeit zu hören. Das tägliche Beten, eine erfahrene geistliche Wegbegleitung, ein «Berufungstagebuch» oder bestimmte geistliche Übungen (Exerzitien) werden dabei eine grosse Hilfe sein. Wenn «was ich will» stimmig wird mit dem «was ich meine zu sollen» und «dies auch gut leben und tun kann», dann wird Friede spürbar, Kraft und frohe Bereitschaft, diesen Weg zu gehen. Der oft als Missklang hörbare dreifache Klang der einen Stimme Gottes ist dann zur Melodie geworden. Sie verleiht dem Leben Farbe und Leichtigkeit. Eine Art von Fülle – selbst in der Bedrängnis – wird erfahrbar, wie es Jesus Christus verheissen und selbst vorgelebt hat.

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